1924 wurden in Koberwitz die Samen für "Biologisch-Dynamisch" gelegt

Schriftzug "Demeter 100 Jahre biodynamisch" © YOOL

Die biodynamischen Pioniere legten vor 100 Jahren die Grundsteine für die Biologisch-Dynamische Wirtschaftsweise. Biodynamische Landwirt:innen setzen bis heute wichtige Impulse für eine nachhaltige Landwirtschaft, die Böden für nachfolgende Generationen nährt und die Artenvielfalt erhält.

Projekte in Baden-Württemberg zeugen davon, wie z.B. die Initiative Bruderkalb,  Kuh und Kalb, HeuMilchbauern, Wir Bodensee Weiderind oder deutschlandweite Initiativen wie z.B. die Ökologische Tierzucht oder die unabhängige Biodynamische Pflanzenzucht.

2024 haben die Mitglieder von Demeter allen Grund zu feiern, dass es junge Hofnachfolger gibt, die sich die Arbeit mit den Biologisch-Dynamischen Präparaten und der Kompostwirtschaft machen, weil sie boden– und naturaufbauend ist und die Fruchtbarkeit erhält.

Jeder Bauer oder Verarbeiter im Landesvorstand Baden-Württemberg engagiert sich über sein tägliches Tun hinaus auch noch ehrenamtlich für die Mitglieder und sendet für das Jubiläumsjahr Grüße und Denkanstöße:

Welche Erfahrungswerte können jungen Mitgliedern mit auf den Weg gegeben werden?

Nutzt die Gelegenheit, mit dieser landwirtschaftlichen Methode einen tieferen Sinn in eurer Arbeit zu entdecken. Möge euch das Glück zuteilwerden, durch direktes Feedback der Verbraucher die Bestärkung zu erfahren, die Euch neue Kraft gibt, Eure Arbeit mit Begeisterung und Hingabe anzugehen: Die tägliche Aufgabe, Pflanzen auf dem Weg zu wahren Lebensmitteln zu begleiten.

Peter Berg, TV-Gärtner beim SWR und ehemaliger Leiter der Gärtnerei Berg, Binzen

Was bedeutet es gerade im Jahr 2024, biodynamischer Verarbeiter zu sein?

Biodynamischer Verarbeiter, in meinem Fall Bäckerin, zu sein, bedeutet für mich, ständig danach zu streben, noch besser zu werden. Dies erfordert Standhaftigkeit in einer zunehmend schnellen Welt mit wachsendem ökonomischem Druck. In unserer biodynamischen Backstube versuchen wir, die Zeit quasi anzuhalten. Ganz nach Rudolf Gmelin: "Lerne aus der Vergangenheit, so wird die Gegenwart verständlich, und du wirst erkennen, was die Zukunft von dir fordert."

Für uns ist "Zeit" eine entscheidende Zutat. Der Teig darf reifen, und damit erhalten das Korn, der Landwirt sowie die vorangegangene biodynamische Züchtungsarbeit und Saatgutforschung die verdiente Wertschätzung. Dies spiegelt sich schließlich im Geschmack wider.

Anne Dorer, Bäckermeisterin der Eselsmühle

Welche Schwerpunkte sind für das Engagement besonders wichtig?

Mein Fokus liegt auf dem sozialen Miteinander, auch im Verband. Durch meine fast 40-jährige Erfahrung in der Betriebsgemeinschaft habe ich gelernt, dass eine funktionierende soziale Dynamik in der Regel auch positive wirtschaftliche Ergebnisse mit sich bringt. Ich bin überzeugt, dass diese Philosophie auch im Kontext des Verbands Gültigkeit hat.

Ulrike Schmid, Hofgemeinschaft Heggelbach

Was gilt es nun politisch anzupacken?

Mit Klarheit im Denken, Innigkeit im Fühlen und Besonnenheit im Wollen setzen unsere Demeter-Höfe und Verarbeiter sich täglich dafür ein, Lebensmittel zu produzieren, die gesund und nachhaltig sind und unseren Planeten nicht belasten. Die politischen Ziele von 30 % Bio könnten eine Perspektive für konventionelle Höfe darstellen und nicht nur jährlich 4,5 Milliarden Euro an Klimafolgekosten einsparen, sondern auch für ein zukunftsfähiges Ernährungssystem von zentraler Bedeutung sein, insbesondere bei der Umsetzung der Bio-Strategie.

Es ist entscheidend, eine klare und strikte Regulierung von Gentechnik zu fördern. Gleichzeitig sollte die Gemeinsame Agrarpolitik (GAP) mit weniger Bürokratie und Umsetzungshürden neu überdacht werden, um Zukunftsperspektiven für die bäuerliche Landwirtschaft zu sichern. Durch bessere Preise und Sicherheit sollten wir die vielfältige Betriebsindividualität fördern.

Anja Frey, Bruderkalb-Initiative

Einsatz für Menschen, Tiere und die Artenvielfalt – und das nicht erst seit 2024, was bedeutet das konkret?

Unsere biodynamischen Wegbereiter, die die Natur- und Lebensmittelerzeugung schätzten, haben Pfade hinterlassen, die wir engagiert fortsetzen. Dabei entsteht nicht nur hochwertige Nahrung, sondern auch Lebensraum für schützenswerte Arten wie den Schwalbenschwanz, die Rotflügelige Schnarrschrecke, wilde Orchideen, die Fliegenragwurz und den Kreuzenzian. Der Einsatz des Regionalwert-Rechners kann allen, sei es Konsumenten, Erzeugern, Verarbeitern oder Händlern, eine fundierte Entscheidungshilfe bieten. Informationen über diese Werte transparent zu machen, ist uns im Landesvorstand Baden-Württemberg und im Demeter e.V. ein Anliegen.

Johanna von Mackensen, Schäferin von Kräuterlamm auf der Schwäbischen Alb

Welche Perspektiven gibt es für die nun kommenden 100 Jahre ? 

Als biodynamische Landbaubewegung haben wir das Vorbild einer standortbezogenen Landwirtschaft geschaffen, das weltweit als erfolgreichstes Modell für nachhaltige und umweltschonende Ernährung gilt. Unsere Art der Landwirtschaft, die sich an lebendigen Prinzipien orientiert, integriert Tierhaltung und Pflanzenbau zu einem ganzheitlichen Ansatz. Selbst die moderne Naturwissenschaft erkennt zunehmend, wie Lebewesen in intensiver Kommunikation und gegenseitiger Förderung leben.

Die Tatsache, dass wir diese Grundlagen bereits vor 100 Jahren erkannt haben, zeugt von unserem tiefen Verständnis für die Zusammenhänge des Lebens. Leuchtturm-Projekte wie Sekem in der Wüste Ägyptens zeigen weltweit die Möglichkeiten unserer nachhaltigen Wirtschaftsweise auf. Viele Höfe in Baden-Württemberg arbeiten ebenfalls seit langem an der Fruchtbarkeit ihrer Äcker und Grünlandflächen. Ihnen gebühren unser Dank und Anerkennung für 100 Jahre Pionierarbeit. Dies bereitet uns gut auf weitere Impulse für ein zukunftsfähiges Ernährungssystem vor.

Klaus Wais, ehemaliger Betriebsleiter des Hofes am Eichenhain

Ein Plakat zu 100 Jahre Biodynamisch
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Inga Israel

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