Sie setzen auf Naturweine, Piwis und Probiotik

Sechs Biodynamische Winzer vom Kaiserstuhl und Tuniberg

v.l.n.r.: Bernd Sacherer, Rabenhof, Jechtingen; Ronald Linder, Winzerhof Linder; Hannes Pix, Ihringen, Weingut Pix; Weingut Trautwein, Bahlingen; Maj Britt Vorgrimmler, Munzingen; Bertram und Mika Isele mit Sohn Matthias vom Weingut Isele, Achkarren

Der Kaiserstuhl-Tuniberg ist eine der sonnenreichsten Gegenden Deutschlands. Die klimatisch begünstigte Region mit ihren Vulkan- und Löß- bzw. Lehmböden bietet einer einzigartigen Tier- und Pflanzenwelt eine Heimat. Nicht selten finden die Winzer bei ihrer Arbeit eine streng geschützte Gottesanbeterin. Auch Smaragdeidechsen, Wiedehopf und Bienenfresser sind oft zu Gast und die Winzer sorgen dafür, dass die Tiere und Insekten weiterhin möglichst ungestört in ihren Weinbergen Nachwuchs bekommen.

Große Teile der Weinberge rund um den Kaiserstuhl-Tuniberg werden noch konventionell bewirtschaftet – leider oft nach dem Motto: Viel hilft viel. Von diesem Denken haben sich die Demeter-Winzer schon sehr lange verabschiedet, sie setzen auf individuelle Kultivierung, raus aus dem Einheitsbrei von chemisch-technischer Bewirtschaftung. Ein essenzieller Teil des biodynamischen Anbaus ist die Arbeit mit dem Boden. Durch Begrünung sorgen sie für eine tiefe Durchwurzelung in der Erde. So gerät u.a. mehr Sauerstoff in die Erde, wodurch sich auch wieder mehr Insekten ansiedeln. Und oberhalb der Erde freuen sich andere Lebewesen über die Blüten und Blätter. Kaum eine Pflanze reagiert so sensibel auf die Anwendung der Biodynamischen Präparate wie die Rebe und kaum ein Produkt lässt die Biodynamische Wirtschaftsweise so kraftvoll erleben wie der Wein. Weltweit praktizieren qualitätsorientierte Spitzen-Weingüter daher biodynamische Weinbaumethoden.

Teils gehen die Kaiserstühler-Tuniberg Demeter-Winzer noch über die strengen Demeter-Richtlinien hinaus, um das natürliche Gleichgewicht im Weinberg durch Komposttee und Kräutermischungen zu fördern und so das Ökosystem zu begünstigen für Insekten, Spinnen, Raubmilben und Pilze. Pflanzenschutz betrachten die Winzer ganzheitlich, darum sind auch konstant niedrige Erträge wichtig, damit die Reben nicht überfordert werden. Diese naturschonende Methode kann man schmecken. Jedes der sechs Weingüter hat eine individuelle Note, es lohnt sich auf jeden Fall ein Besuch bzw. eine Bestellung.

v.l.n.r.: Bernd Sacherer, Rabenhof, Jechtingen; Ronald Linder, Winzerhof Linder; Hannes Pix, Ihringen, Weingut Pix; Weingut Trautwein, Bahlingen; Maj Britt Vorgrimmler, Munzingen; Bertram und Mika Isele mit Sohn Matthias vom Weingut Isele, Achkarren

v.l.n.r.: Bernd Sacherer, Rabenhof, Jechtingen; Ronald Linder, Winzerhof Linder; Hannes Pix, Ihringen, Weingut Pix; Weingut Trautwein, Bahlingen; Maj Britt Vorgrimmler, Munzingen; Bertram und Mika Isele mit Sohn Matthias vom Weingut Isele, Achkarren

Philipp Isele im Weinkeller, den er selbst gebaut hat.

Philipp Isele im Weinkeller, den er selbst gebaut hat.

1. Weingut Betram Isele

Weinbau wird in der Familie Isele seit vielen Generationen betrieben. Als einer der ersten Winzer Deutschlands begann Philipp Isele als Pionier Ende der 60er-Jahre den Betrieb auf den biodynamischen Anbau umzustellen. Heute führen Bertram und Mika Isele das Weingut. Philipp Isele hielt früher noch Kühe und betrieb Ackerbau. Für die biologisch-dynamische Bewirtschaftung seiner Weinberge holte er sich sogar Tipps von einem rumänischen Kollegen.

Damals war Philipp Isele in Achkarren absoluter Vorreiter für eine naturschonende Bewirtschaftung. Und er brauchte ein dickes Fell gegenüber etlichen Skeptikern und Lästermäulern. Heute ist er stolz, dass sein Sohn Bertram seinen gebahnten Pfad weitergeht und ihn ausbaut. Denn auch Bertram Isele gehen die Visionen nicht aus. Er experimentiert mit der probiotischen Methode, damit er auf den Einsatz von Kupfer ganz verzichten kann.

2. Winzerhof Ronald Linder

Ronald Linder wirtschaftet seit 2016 nach den Vorgaben des Demeter-Verbandes. Als Quereinsteiger hat er es verstanden, nicht nur das elterliche Weingut auf biologische Weise umzustellen, sondern neue Forschungsergebnisse für die Fachwelt zu generieren. Bei ihm wachsen folgende Trauben: Grauburgunder, Müller-Thurgau, Sauvignon Blanc, Cabernet Sauvignon & Spätburgunder. Das Besondere: Alle Weine werden im Winzerhof Linder ohne Schwefel ausgebaut und abgefüllt. Auch wird zur Vergärung keine Hefe beigefügt und alle Weine werden ungefiltert als Naturwein ausgebaut (Spontangärung). Wichtig für Linder sind Biodiversität, Bodenpflege und die Bildung einer guten Humusschicht. Die Böschungspflege wird von Schafen erledigt und die Freilaufhühner fressen Schadinsekten. Dazu mehr auch hier: Sein zukunftsweisendes Projekt Probiotischer Pflanzenschutz möchte er in der Weinwelt noch bekannter machen. Hier gibt es ein Video mit Details:

3. Rabenhof

Bereits 1975 begannen die Eltern von Bernd Sacherer, inspiriert durch die während der Platzbesetzung des Atomkraftwerks in Wyhl gegründeten Volkshochschule Wyhler Wald und Winzerkollegen wie Philipp Isele, ihre Lebensweise, Ernährung, die Bewirtschaftung ihres Gartens und dann auch Betriebes (Organische Düngung, Herbizid- und Insektizid-Verzicht) umzustellen. 1981 war es dann so weit mit ihrem ersten komplett umgestellten Pionierweinberg, ebenso wie der Energieversorgung ihres Hauses mit Sonnenwärme.

Dieser Nachhaltigkeit und Naturverbundenheit widmet sich auch deren Sohn, der Önologe Bernd Sacherer, der 1996 der damaligen Ignoranz der örtlichen Winzergenossenschaft den Rücken kehrte und sein eigenes Weingut gründete. 1997 legte er seinen ersten PIWI-Weinberg an.

Die Trauben werden nach alter Tradition in gewissenhafter Handarbeit angebaut, frühmorgens bei kühlen Temperaturen geerntet, bereits im Weinberg nach alter Tradition mit den Füßen gestampft und später auf der 170 Jahre alten Kelter manuell gepresst. Durch den Ausbau im historischen Gewölbekeller ohne jegliche Schönungsmittel, allein durch Spontangärung und den Verzicht auf Filtration. Vor allem aber durch viel Zeit und Ruhe erhalten seine Weine ihr Terroir. Für ihn zählt seit Anbeginn der individuelle Charakter seines Kellerproduktes statt Konformität und Qualität vor Masse. Vor jedem Mode-Trend hat er schon immer vegan und spontan vergoren. Bei ihm gibt es außergewöhnliche Rot- und Weißweine aus kontrolliert biologischem Anbau sowie feinste Edelbrände und Liköre aus eigener Brennerei.

4. Weingut Pix

„Demeter“ ist für Hannes Pix und das gesamte Pix-Team ein Qualitätskonzept, um absolute Spitzenweine herzustellen. Und das Winzer-Dasein lebt seine offenherzige Familie mit ansteckender Leidenschaft. Immer wieder kommen „Woofer“ auf das Weingut, um den Spirit zu erleben und etwas zu lernen. Hannes hat sein Handwerk in Geisenheim studiert und ist nun froh, dass er auf heimischem Terroir, das weiterentwickeln kann, was seine Eltern am Kaiserstuhl aufgebaut haben. Den Anbau anspruchsvoller, wärmeliebender Rebsorten.

Seit Gründung im Jahr 1984 wurde erst nach Bioland-Richtlinien gearbeitet und dann im Jahr 2013 auf  biodynamische Landwirtschaft umgestellt. Damit geht der Verzicht auf jeglichen Einsatz von Herbiziden, chemisch-synthetischen Pestiziden und Kunstdünger einher. Und im Weinkeller gibt es keine Kaltgärhefen, Eichenholz-Chips und Schönungen, all das würde dem Wein seinen persönlichen Charakter nehmen.

5. Weingut Trautwein

Anfang 2019 hat die nächste Generation, Anne-Christin und Christoph Trautwein, das Weingut Trautwein übernommen. Die Kaiserstühlerin und der Rheinländer bewirtschaften das Weingut weiterhin biodynamisch. Sie pflegen einen lebendigen Boden und setzen sich mit seinen Eigenheiten auseinander. So dürfen die Weine ohne Zugabe von Hefe spontan gären. Dem Wein wird nichts hinzugefügt. Für die perfekte Reifung setzen die Trautweins auf gebrauchte Holzfässer aus dem Burgund: „Die vielschichtigen Böden am Kaiserstuhl sind einfach perfekt für die weißen Burgundersorten. Und ganz vorn steht immer wieder der Chardonnay, der hier einfach alle seine Stärken entfaltet.“

6. Weingut Vorgrimmler

Vorgrimmlers lieben die Diva, Pinot! Etwas besonders ist das jüngste Rebstück, was das Weingut Vorgrimmler in ihr Portfolio aufgenommen haben. Es ist wohl eines der wenigen Rebstücke in Deutschland, das einer Dänin gehört, denn Maj Britt Vorgrimmler durfte es kürzlich kaufen. Es liegt unter dem Petite Chapelle, ein Einzelstock-Rebstück, das an der Südspitze des Tunibergs unter der historischen St. Erentrudiss Kapelle liegt. Die Reben sind 13 Jahre alt und wachsen auf einer exponierten Lage auf Lössboden, unter welchem sich Jura Kalkstein verbergen. Nach der Umstellung auf ökologischen Weinbau ist dieser Wein der erste, der von Grande Chapelle kommt. Während der Umstellung auf Demeter wurde auf dem ganzen Rebstück wunderschöner Inkarnatklee mit vielen Kräutern und Heilpflanzen gesät, um im Boden wieder ein Gleichgewicht herzustellen. Das Weingut hat seit 1985 alle seine Kulturen ökologisch, biodynamisch und nach Maria Thun bewirtschaftet und ist seit 2006 Demeter-zertifiziert. Die Böden sind eine besondere Passion von Klaus Vorgrimmler. Er widmet ihnen einfach gesagt „gezieltes Nichtstun“, um sie in Balance zu bringen.

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