Saatgut für alle

Die industrielle Landwirtschaft hat vielen Landwirt*innen genommen, was früher selbstverständlich war: die Fähigkeit, aus den eigenen Pflanzen wieder neues Saatgut zu gewinnen. Stattdessen ist es heute üblich, dass Bäuerinnen und Bauern ihr Saatgut bei wenigen Konzernen kaufen. Das hat den Vorteil, dass so Pflanzen mit den immer gleichen Eigenschaften entstehen. Das hat aber den Nachteil, dass bäuerliche Betriebe so von wenigen Konzernen abhängig werden. Deswegen engagieren wir als biodynamische Gemeinschaft uns für Alternativen. Das Ziel: Jede*r Landwirt*in soll auf Saatgut zurückgreifen können, ohne sich von einem Anbieter abhängig zu machen.

Bei uns am Bodensee arbeiten gleich zwei Gemeinschaften an diesen Züchtungen. Am Keyserlingk-Institut  bei Salem, das vor mehr als drei Jahrzehnten von Dr. Bertold Heyden und Elisabeth Beringer in Zusammenarbeit mit biologisch-dynamischen Landwirten gegründet wurde, wird am Getreide geforscht und gezüchtet. Dabei wurden aus alten Hofsorten neue regionale „Erhaltungssorten“ entwickelt, die sich gut eignen für die Qualitätsansprüche der biologisch-dynamischen Landwirtschaft. Mit Udo Hennenkämper ist die Linsen- und Hartweizenzüchtung hinzugekommen.

Auf dem Ralzhof, der zum Hofgut Rengoldhausen gehört, arbeiten biodynamische Gärtner*innen ebenfalls an Saatgut, das dem biodynamischen Gedanken entspricht. Die Menschen vom Ralzhof vermehren samenfeste Sorten im Auftrag verschiedener Saatgutfirmen, forschen aber auch an neuen Züchtungen.  Dazu arbeiten sie mit klassischen Kreuzungs- und Auslesezüchtung, mit spontan auftretenden Ausreißern und setzen auf die Veränderung der Pflanze durch Umwelteinflüsse. Labortechniken bis hin zur Gentechnik wendet hier natürlich niemand an. Stattdessen legt biodynamische Saatgutforschung Wert auf neue Wege im Umgang mit der Pflanze – etwa die Wirkung von Eurythmie oder kosmischen Einflüssen auf das Pflanzenwachstum.