Miteinander von Pflanze und Mensch

Rosenkohl ist das Lieblingsgemüse von Betriebsleiter Stefan Berg. Sein Selbstverständnis eines biodynamischen Betriebes und einer sorgsamen Wirtschaftsweise spiegelt diese Pflanze mit ihren vielen Röschen und dem kräftigen Stamm am besten wider. Der 40-jährige Gärtnermeister hat erst eine Ausbildung als Erzieher absolviert und im Kinder -und Jugendbereich gearbeitet, bevor er sich entschieden hat, die biologisch-dynamische Gärtnerei Berg, in dritter Generation weiterzuführen.

Symbolisch beschreibt die Rosenkohl-Pflanze die Lebensaufgabe von Stefan Berg

„Diese Pflanze an deren Stamm viele unterschiedliche Röschen symmetrisch und sehr langsam wachsen, steht fest auf dem Boden, hält Frost aus, ist widerstandsfähig, keine Mimose“. So empfindet er sein Wirken als Betriebsleiter der Gärtnerei Berg. Als Teamleiter, Allrounder und Ausbilder hält er Mitarbeiter:innen und Auszubildenden den Rücken frei. So kann sich ein vielseitiges Team für schmackhaftes biodynamisches Gemüse und Verbraucherwünsche einsetzen.

Menschen, die wir regional ernähren gehören genauso zu unserem Gärtnerei-Lebensraum, wie die Bienen und die Bodenlebewesen

Stille kehrt auf dem Gelände der Gärtnerei nur an Sonn – und Feiertagen sowie in der Winterpause ein. Der Ort lebt von Begegnungen und zukunftsgewandten Ideen. Seit 2019 gibt es eine Hof-Kita. Kinder erleben dort im Rahmen eines ganzheitlichen naturpädagogischen Konzepts welche Pflanzen im Jahreskreislauf gedeihen und gegessen werden.

Gemüseanbau miterleben, direkt vor Ort kaufen oder Eier – und Gemüse abonnieren

Einige Schritte entfernt, dürfen Verbraucher:innen nach einer Einweisung selbst pflücken oder sie bekommen bei Helios Terra Tipps, wie sie Jungpflanzen im eigenen Hausgarten biodynamisch versorgen können. Ab 2022 ist zudem eine Solidarische Landwirtschaft (SoLaWi Dreiland) geplant. Wer nicht direkt vor Ort oder im naheliegenden Naturkostfachhandel kaufen kann, das Anbausortiment von circa 70 Gemüse – und Salatsorten gibt es auf dem Basler-Markt und per Abokiste sogar in die Schweiz.

Market Gardening – ein weiteres Element, um noch bodenschonender zu arbeiten

Sein Vater, Peter Berg, gehört zu den biodynamischen Pionieren. Stefan Berg ist ebenso interessiert an Forschung und lenkt seinen Blick auf das, was sich im Boden entwickelt. Er reserviert einen Teil der Flächen für eine Anbauweise, die mit kleinen, statt mit schweren Maschinen auskommt: Market Gardening: das bedeutet viel Gemüse auf wenig Fläche, konstante Wege und festgelegte Beetflächen, mehr Handarbeit statt Maschine. Ziel von Stefan Berg ist es, Market Gardening mit professionellem Gemüsebau zu verbinden.

Gemüse, bei dem man den nährenden Boden schmeckt

„Ich bin überzeugt davon, dass man die langsamere Kulturführung bei unserem Gemüse schmeckt. Beispiel Gurke: sie besteht aus 98% Wasser. In den Zellwänden bildet sich der Geschmack. Ohne übermäßige Düngung braucht die Pflanze Zeit zum Wachsen. So entstehen Geschmack und Charakter.“

Bodenfruchtbarkeit erhalten und sogar verbessern, dieses Ziel muss ich mir wirtschaftlich leisten können – dafür benötige ich Verbraucher:innen, die unsere Arbeit wertschätzen

„Kein anderer Bio-Verband verpflichtet sich in seinen Richtlinien, dass die Bodenqualität erhalten und die Fruchtbarkeit der Erde nachhaltig durch das landwirtschaftliche Wirken sogar verbessert wird“, betont Stefan Berg. Auch aus diesem Grund hat er sich für die Weiterführung der biodynamischen Wirtschaftsweise entschieden: Keine synthetischen Dünger, stattdessen mit biologisch-dynamischen Präparaten aufbereiteter Kompost. Statt chemischen Pflanzenschutzmitteln, Kräuterextrakte zur Pflanzenstärkung. Stickstoffsammelnde Gründüngungspflanzen, schonende Bodenbearbeitung, vielfältige Fruchtfolge.

Muss man Steiner gelesen haben, um biodynamisch Gemüse anzubauen?

"Dadurch, dass meine Wahrnehmung in einem anthroposophischen Kontext geschult wurde, fühle ich mich einer naturbetrachtenden Denkweise verbunden. Heutzutage dürfen wir Steiner allerdings weiterdenken und entwickeln, sein Wissen ist schließlich vor 100 Jahren aufgezeichnet worden."

Klimakrise – wir müssen uns mit der Natur verändern

Für den Bioanbau braucht es Weitsicht, gärtnerisches Geschick und Verbraucher:innen, die nicht nur krumme Gurken kaufen, sondern auch Lauch, der mal weniger dick ist oder auch mal ganz neues Gemüse. „Vor zehn Jahren haben wir hier im südlichen Markgräflerland im Dreiländereck zwischen Deutschland, Frankreich und der Schweiz angefangen Süßkartoffeln anzubauen. Vielleicht müssen wir uns irgendwann von Tomaten verabschieden, weil sie zu viel Wasser benötigen. Zum Beispiel wurzeln Beeren viel tiefer und Amaranth benötigt auch nicht so viel Wasser. Diese Veränderungen der Natur gilt es mitzugehen, und mit der Natur neue Wege und Techniken zu entwickeln. Gemüseanbau so wie ich ihn verstehe, ist keine Industrieproduktion.“

Stefan Berg hat die Betriebsleitung der Gärtnerei Berg, in Binzen 2016 übernommen, gemeinsam mit seiner Frau Mira, die gelernte Landwirtin ist und in der Hof-Kita arbeitet. Die beiden haben drei Kinder.

Buchautor sowie Fernsehgärtner und ehemaliger Betriebsleiter Peter Berg ist seit 2019 aktiver Vorstand im Landesverband Baden-Württemberg e.V. 

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