Wertschätzung für das ganze Tier von der Weide bis zum Teller

Ein neues Projekt in der Biomusterregion "Heidenheim  plus" zeigt, wie nachhaltige Partnerschaft von Betriebsrestaurants mit Landwirten gelingen kann: Oftmals sehen sich Milchvieh-Betriebe, wie der Demeter-Biohof Dauner in der Region Ostalb, vor der Herausforderung die männlichen Kälber, die sich nicht für die Milchproduktion eignen, früh vom Hof weggeben zu müssen. Männliche Kälber geben keine Milch und setzen aufgrund ihrer Rasse weniger schnell Fett und Masse an wie Fleischrassen. Verlässliche und gesicherte Abnahmen durch Gastronomen und Kantinen ermöglichen es, die Kälber am Betrieb zu halten und in der Region zu verwerten. Manuel Dauner ist stolz auf die Partnerschaft mit Gusto Gourmet „Wir produzieren für die Region und ich weiß wo die Tiere hinkommen. Das ist uns wichtig. Durch die Abnahme von ganzen Rindern – in dem Fall sind es Ochsen – können wir die Kälber selbst am Hof großziehen.“

Ganztierverwertung - früher normal - heute dringend nötig

Früher wäre die Verwertung aller Teilstücke eines Tieres völlig normal gewesen. Denn Fleisch war ein Luxusprodukt und das Weggeben von Teilen davon undenkbar. Ein Blick auf die Teller von heute zeigt ein anderes Bild: Steak, Braten oder Schnitzel dominieren die Speisekarten. Laut Fleischatlas der Heinrich-Böll-Stiftung werden je nach Tierart in der Regel höchstens 40 bis 55 Prozent des geschlachteten Tieres für den menschlichen Verzehr genutzt. Doch gibt es bereits Initiativen, die sich auf das ursprüngliche Handwerk besinnen und dem gesamten Tier bis hin zum Teller Respekt entgegenbringen – von der Schnauze bis zum Schwanz. Eine davon ist die neu entstandene Kooperation zwischen der Gusto Gourmet GmbH aus Oberkochen (dem Betreiber der Betriebsrestaurants der Carl Zeiss AG in Oberkochen und Aalen) und dem Biohof Dauner aus Sontbergen. Ab sofort bekommen die Mitarbeitenden der Carl Zeiss AG nämlich „Spezialitäten vom Bio-Rind“ serviert. Das Besondere daran: es werden keine 500 Steaks oder Schnitzel bestellt, sondern das ganze Tier abgenommen. Im Fachchargon heißt dies „Ganztierverwertung“.

„Teilstücke kann jeder.“, schmunzelt Anton Schmidt, Geschäftsführer der Gusto Gourmet, der die Arbeit mit regionalen Bio-Produkten als Zugewinn sieht. „Wir haben viele ausgebildete Köche, die Lust haben, ihrem Handwerk mit Engagement nachzugehen. Die Verwertung eines ganzen Tieres ist anspruchsvoll und erfordert viel Kreativität, Kochkunst und handwerkliches Geschick.“ Oliver Wagner, Küchenchef der Gusto Gourmet Betriebsrestaurants erläutert weiter: „Wir setzen Brühe und Soße aus den Knochen selbst an und gewinnen dadurch an Qualität dazu. Jeden Freitag schauen wir in die Kühlkammer nach dem Reifegrad des Fleisches und machen uns Gedanken, welche Gerichte wir nächste Woche aus dem Demeter-Rind kreieren können.“ Für die Tischgäste bei Zeiss heißt das zukünftig auch, neue Angebote auf dem Speiseplan vorzufinden.

Alle mit ins Boot holen

Nun heißt es auch noch die Tischgäste mit ins Boot zu holen und über das neue Speiseangebot zu informieren. Für den Start des neuen Menü-Plans haben sich die Partner daher verschiedene Aktionen überlegt: von Ausflügen mit dem Köche-Team zum Biohof bis hin zum Besuch der kooperierenden Bauern und Molkereien in der Mensa, um mit den Tischgästen ins Gespräch zu kommen.

Die Regionalmanagerin der Bio-Musterregion "Heidenheim plus" Johanna Böll freut sich: „Die Akteure versuchen hier richtig etwas aufzubauen und eine runde Sache daraus zu machen. Da können wir richtig stolz auf unsere Region Heidenheim und Ostalbkreis sein. Auch das Klinikum Heidenheim hat sich bereits erfolgreich bio-zertifizieren lassen. Damit ist es eine der wenigen Kliniken, die diesen Schritt bisher gegangen sind.

Das Projekt „Bio in der Gemeinschaftsverpflegung“ zieht seine Kreise und die Wertschöpfung und Zusammenarbeit in der Bio-Musterregion "Heidenheim plus" wächst. Für die Landwirte ist dies ein wichtiges Signal: „Mein Opa hat schon Kartoffeln an Zeiss geliefert. Da freue ich mich natürlich riesig, dass wir das nun wieder geschafft haben.“, resümiert Manuel Dauner.

Hintergrund

Die Bio-Musterregion "Heidenheim plus" ist Teil des Projekts „Bio in der Gemeinschaftsverpflegung in Bio-Musterregionen“, das für zwei Jahre vom Ministerium für Ernährung, Ländlichen Raum und Verbraucherschutz koordiniert und fachlich betreut wird. Ziel des Projekts ist, den Einsatz von Bio-Lebensmitteln, insbesondere aus regionalem Anbau, in teilnehmenden Einrichtungen und Betrieben der Gemeinschaftsverpflegung auf mindestens 30 Prozent zu erhöhen. Darüber hinaus sollen die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE) im Speiseplan umgesetzt werden, um eine gesundheitsfördernde und gleichzeitig nachhaltige sowie genussvolle Verpflegung anzubieten zu können.

Schlagworte

Ostalb