Bio 3.0 - Bio ist keine Nische mehr!

Vom 26. bis 27. November 2014 fand die diesjährige Fachtagung „90 Jahre biodynamisch – der Kurs in die Zukunft“ von DemeterBaden-Württemberg gemeinsam mit der Evangelischen Akademie in Bad Boll statt.Rund 60 Teilnehmer beschäftigten sich vor allem mit der Frage, wie die Zukunft des Öko-Anbaus - Bio 3.0 - aussehen wird. Mit Experten-Vorträgen und in gemeinsamen Diskussionsrunden widmeten sich Öko-Landwirte sowie interessiertes Fachpublikum dem Thema. Bei der abschließenden Podiumsdiskussion war man sich darüber einig, dass Bio längst keine Nische mehr ist. Trotz der Erfolge müssen zukunftsfähige innovative Wege eingeschlagen werden. Für die Stärkung der Öko-Landwirtschaft sind sinnvolle Kooperationen und Netzwerke zwingend erforderlich, so das Fazit der Tagung.

Vor 90 Jahren gab Rudolf Steiner auf Gut Koberwitz mit seinem „Landwirtschaftlichen Kurs“ der Landwirtschaft eine Neuorientierung – es war die Geburtsstunde des Öko-Landbaus. Dass Rudolf Steiners Gedanken immer noch ein großes Zukunftspotential für die Bio-Branche haben, zeigten Fachexperten in ihren fünf Impulsvorträgen bei der diesjährigen Fachtagung von Demeter Baden-Württemberg auf. Zudem stellten sie ihre Visionen der biodynamischen Zukunft vor allem zu den Themen Wissenschaft, Tierhaltung und Kapitalfinanzierung vor.

Neue Technik für die Weiterentwicklung der Landwirtschaft

„Hier passiert wirklich etwas im Boden!“, lobte der Agrarwissenschaftler Prof. Dr. Urs Niggli vom Forschungsinstitut für biologischen Landbau im schweizerischen Frick die Erfolge der biodynamischen Wirtschaftsweise. Eine bessere Qualität bei Demeter-Lebensmitteln im Vergleich zu konventionellen Produkten lässt sich zudem wissenschaftlich belegen. Trotz den bisherigen enormen Erfolgen dürfe man die Weiterentwicklung des biodynamischen Anbaus nicht aus den Augen verlieren. „Die Nutzung technologischer Innovationen ist dafür unabdingbar. Besonders in den Bereichen Düngung und Pflanzenschutz würden sie die Arbeit wesentlich erleichtern“, so Urs Niggli in seinem Vortrag. Sein Wunsch: „der Demeter-Landwirt als Vorbild für einen verantwortungsbewussten Umgang mit neuen Technologien“.

Ein „Ja“ zum Nutztier

Brauchen wir Menschen noch Nutztiere? Dr. Anita Idel, Tierärztin, bekannte Buchautorin und Mitautorin des Weltagrarberichts setzte sich in ihrem Vortrag für Nutztiere wie Kühe oder Hühner auf dem landwirtschaftlichen Betrieb ein. Sie seien unbedingt für einen fruchtbaren Boden notwendig. Idel sieht die Kuh daher als „globalen Landschaftsgärtner“. Die Beweidung sei eine große Chance für degradierte Böden. „Ein Gras muss gebissen werden. Ich bin für Nutztiere, die unter bestmöglichen Bedingungen gehalten werden“, so die Mitautorin des Weltagrarberichts.

Gemeinsame Lösungen für die Kapitalfinanzierung

Ob es in Zukunft auch andere Formen der Kapitalfinanzierung für die Landwirtschaft geben kann, beleuchteten der freie Finanzberater Alexander Schwedeler und Uwe Greff von der GLS Bank. Als alternative Finanzform wurde die Genossenschaft Kulturland eG vorgestellt, in der die Geldgeber unter anderem 0 % Zins erhalten. Eine frühzeitige strukturierte Vorbereitung für zukünftige Investitionen war beiden Referenten ein besonderes Anliegen. Diese erleichtere und beschleunige Verhandlungen mit den Banken. Darüber hinaus plädierten sie für sinnvolle Kooperationen und Netzwerke in der Landwirtschaft: „Eine erweiterte Nachhaltigkeit entsteht, indem man miteinander etwas tut,“ meinte Schwedeler. „Seien sie mutig! Auch im Finanzsektor geht mehr als sie für möglich halten!“, motivierte Greff.

Bio ist keine Nische mehr

Wie beliebt sind Bio- und Demeter-Produkte bei den heutigen Verbrauchern? Gibt es überhaupt die Öko-Branche? Wo geht die Reise der Bio-Branche hin? „Die heutige junge Generation ist die erste, für die Bio beim Kauf selbstverständlich ist und stellt damit ein enormes Potential, das es zu bedienen gilt," stellte Johannes Ell-Schnurr, Geschäftsführer von Demeter Baden-Württemberg bei der abschließenden Podiumsdiskussion fest.  Abschließend waren sich alle Teilnehmer der Tagung darüber einig, dass Bio längst kein Nischenprodukt mehr sei.

„Demeter ist bei den Verbrauchern als Premiummarke im Bewusstsein, aber noch nicht in jedem Kühlschrank angekommen, meinte Klemens Fischer vom Demeter-Verband. Fischer verwies auf eine kürzlich erschienene Umfrage vom Forsa-Institut, in der Demeter, die zweitbeliebteste Lebensmittelmarke in Deutschland ist. Bernd Eberle, Geschäftsführer der Werbeagentur Eberle, sah für die Bioprodukte eine Chance darin, dass der Verbraucher sich werteorientierter verhalte als früher. „Ethische Kriterien spielen mittlerweile bei der Kaufentscheidung eine große Rolle. Der Kunde will Mehrwert.“

„Bei allem Erfolg muss man aber auch darauf achten, dass sich Demeter-Lebensmittel nicht nur wenige Personen leisten können“, meinte Alexander Thierfelder von der Dorfgemeinschaft Tennental und Vorstand von Demeter Baden-Württemberg. „Durch die Zusammenarbeit über Hofgrenzen hinaus, könnten ökologische Lebensmittel der Gesellschaft noch leichter zur Verfügung gestellt werden.“

Als Spitzenkoch sah Simon Tress vom Bio-Hotel Rose in Ehestetten, einen neuen Trend im Lokalen: „Lokal ist für mich das neue Bio. Wir haben mit Demeter etwas ganz Besonderes und müssen dies auch schützen. Wir müssen die Produkte ohne Druck von außen wachsen lassen. Dafür brauchen wir starke Partner im Lebensmittelhandel.“

Uwe Greff, GLS Bank, sah die Gefahr darin, dass der Umsatz mit Bio-Produkten in Deutschland immer mehr steigt, die dafür benötigte Anbaufläche jedoch sinke: „Ohne Verbraucher und den Handel noch mehr ins Boot zu holen, werden wir es nicht schaffen, mehr ökologische Anbaufläche zu erhalten.“

 

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